Bürgerberatung
 
 

Quelle: http://www.iwu.de/en/aktuelles/news-in-detail/ttnews/51/12/3/?cHash=8335c6a0164ccfea79c02cb12a8ab253

Demografischer Wandel: Bürgerberatung in Ulrichstein

Das IWU (Institut Wohnen und Umwelt) hat 2008 gemeinsam mit der Hessischen Akademie der Forschung und Planung im ländlichen Raum (HAL) für die Stadt Ulrichstein im Vogelsbergkreis eine Reihe von vier öffentlichen Veranstaltungen zum Thema „Demografischer Wandel“ organisiert. Von den Bürgern wurden konkrete Vorschläge erarbeitet, wie sich Ulrichstein auf absehbare Veränderungen einstellen kann und wie sich die derzeitige Qualität der Lebensbedingungen auch für die Zukunft bewahren oder gar verbessern lässt. Der Bericht liegt nun vor. Es ist vorgesehen, dass eine Arbeitsgruppe mit Bürgern und Kommunalpolitikern der Stadt Ulrichstein den längerfristigen politischen Prozess der Umsetzung begleiten wird.

Verfahren und Ergebnisse der Bürgerberatung sollten über den konkreten Nutzen für Ulrichstein hinaus exemplarisch auch für andere Kommunen sein. Auch in anderen Städten und Kreisen Hessens waren 2008 gefördert von der Staatskanzlei „Demografie-Dialoge“ durchgeführt worden. Die Ergebnisse bieten weiteres Material für die kommunale Praxis im Umgang mit den unterschiedlichen Folgen absehbarer demografischer Veränderungen.

 

Quelle: http://www.dorfplanerin.de/demographischer_wandel.htm

Dieser Aufsatz ist in der Zeitschrift "Ländlicher Raum" der Agrarsozialen Gesellschaft veröffentlicht worden und stellt den Zusammenhang des Forschungsprojektes mit der Entwicklung im ländlichen Raum dar:


N. Franzen:

Demographischer Wandel und Bürgerengagement

Der demographische Wandel in der Bundesrepublik Deutschland ist seit einiger Zeit ein bestimmendes Thema in nahezu allen Tagungen und Fachgesprächen zum Thema "Ländlicher Raum". Dabei wird vor allem über Infrastruktureinrichtungen und deren Ausnutzung diskutiert. Doch nicht für alle Bereiche, vor allem für die soziale Infrastruktur, können finanzierbare Lösungsstrategien entwickelt werden, vor allem vor dem Hintergrund der schwierigen Haushaltslage der Kommunen.

Ein Lösungsansatz gerade für diesen Bereich kann möglicherweise aus der historischen Struktur der Dörfer abgeleitet werden:
Bestanden doch gerade hier schon von alters her enge Bindungen zwischen den Bewohnern, da man auf dem Lande schon immer auf gegenseitige Unterstützung angewiesen war, ob beim Hausbau oder bei der Ernte. In peripheren Regionen findet man diese engen sozialen Netze noch heute, und dort werden auch viele kommunale Maßnahmen weiterhin in Eigenleistung durch die Dorfbewohner umgesetzt. Ein positives Beispiel ist Schlitz-Hutzdorf im Vogelsbergkreis: Hier haben die Bewohner durch ihr besonders großes Engagement die Wirkungen des Dorferneuerungsprogrammes noch deutlich verstärkt, indem sie durch Eigenleistungen nicht nur ein Feuerwehrgerätehaus in die ehemalige Dreschscheune eingebaut, sondern auch einen Grill- und Bolzplatz errichtet haben. Hinzu kamen weitere Arbeiten wie Hilfe beim Umbau des Dorfgemeinschaftshauses und bei der Gestaltung von Freiflächen. Somit konnten der Stadt Schlitz hohe Kosten erspart und für das Dorf wichtige Einrichtungen für das Gemeinschaftsleben geschaffen werden.

Durch bürgerschaftliches Engagement kann auch im sozialen Bereich vieles erreicht werden, was den Kommunen oder sozialen Einrichtungen heute nicht mehr möglich ist. Defizite in der Versorgung mit Lebensmitteln oder Dienstleistungen in kleineren Orten werden mancherorts durch sog. Nachbarschaftsläden ausgeglichen, die von ehrenamtlich aktiven Bürgerinnen und Bürgern geführt werden. Diese Läden dienen nicht zur Einkommensdeckung, sondern alleine der Versorgung der Bevölkerung, und dabei vor allem denjenigen Menschen, die nicht mobil sind (Senioren oder Hausfrauen ohne Zweitwagen).
In ballungsraumnahen Orten nimmt die Intensität der zwischenmenschlichen Beziehungen dagegen ab; Gründe dafür sind neben dem allgemein zunehmenden Rückzug ins Privatleben auch die geringeren verwandtschaftlichen und nachbarlichen Bindungen, da es inzwischen eher die Ausnahme ist, daß mehrere Generationen einer Familie im gleichen Ort leben (ob nun wegen des Arbeitsplatzangebotes oder der Lage). Hier entstehen nun zunehmend Probleme durch fehlende Unterstützung der älteren Menschen bei den täglichen Dingen: ob nun beim Einkaufen im Nachbarort oder bei der Hausarbeit oder kleineren Reparaturen. Aber dies gilt nicht nur für ältere Menschen, sondern u.U. auch für junge Familien, wenn Kinder gehütet werden müssen oder Hausaufgabenbetreuung nötig ist.
Zur Lösung dieser Problematik werden vielerorts Dienstleistungstauschbörsen gegründet, nach dem Motto "Tausche Rasen mähen gegen Marmelade kochen". Hierbei werden Leistungen nicht gegen Geld, sondern auf der Basis von Zeitkonten getauscht.
Ein Forschungsprojekt untersucht derzeit bundesweit derartige Aktivitäten von Dorfbewohnern, um daraus einen Leitfaden für Kommunen zu entwickeln, wie für dieses ehrenamtliche Engagement die optimalen Rahmenbedingungen geschaffen werden können. Dafür werden noch weitere konkrete Beispiele gesucht, z.B. zur Verbesserung der Situation von Familien oder älteren Menschen im ländlichen Raum. Um dem demographischen Wandel und weiterer Abwanderung junger Menschen aus peripheren Räumen begegnen zu können, sind alle Aktivitäten interessant, die die Lebensqualität für die verschiedenen Altersgruppen im Dorf verbessern können. Entsprechende Initiativen sind aufgerufen, sich bei der Autorin zu melden.

 

 

 
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